Keine Ehrung für Nazis: Johann-Schütte-Straße umbenennen

Der Gemeinderat möge beschließen:

  1. Die Johann-Schütte-Straße im Stadtteil Schönau wird umbenannt. Hierfür soll zusammen mit Bewohner*innen des Stadtteils ein Namensvorschlag gefunden werden, der idealerweise in den Taufbezirk „Luftfahrtpioniere“ passt. Der Gemeinderat wird über den neuen Namen final entscheiden.
  2. Die Bewohner*innen der Johann-Schütte-Straße erhalten unbürokratische Hilfe und finanzielle Entschädigung bei den Folgen der Adressänderung. Diese umfasst u.a. die Änderung amtlicher Dokumente, notarieller Eintragungen, Änderungsmitteilungen, neue Briefköpfe und Visitenkarten.

 

Begründung:

In Mannheim wurde die Umbenennung von Straßen beschlossen, die die Namen historisch belasteter Personen tragen, u.a. aufgrund von Aktivitäten im deutschen Kolonialismus oder Nationalsozialismus. Es ist daher konsequent, den ebenfalls historisch belasteten Johann Schütte nicht mehr im öffentlichen Straßenraum zu ehren. Es ist schon schlimm genug, dass es die Stadt einem Verein genehmigt hat, Schüttes – rein für Kriegszwecke entwickeltes – Luftschiff seit Anfang 2023 mit einer Plakette auf der „Kurpfälzer Meile der Innovationen“ vor dem Schloss zu ehren. Die Fraktion LI.PAR.Tie. hat dies mit Antrag 069/2023 leider vergeblich versucht zu verhindern.

Johann Heinrich Schütte war, wie neuere Studien belegen, ein „begeisterter Mitläufer“ des NS-Regimes. Er stieg während des Ersten Weltkriegs auf zu einem der größten Hersteller für militärische Luftschiffe und stellte in seiner Fabrik hunderte Aufklärungs- und Kampfflugzeuge sowie Fernbomber her. Seine Luftschiffe dienten ausschließlich militärischen Zwecken.

Er bekundete öffentlich seine Sympathie und Nähe zum Nationalsozialismus, u.a. durch Reden oder seine Mitgliedschaften beim nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB), beim Deutschen Luftsportverband (DLV), beim Reichsluftschutzbund (RLB) und beim Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK). Als leitender Akteur bzw. Vorsitzender der Schiffbautechnischen Gesellschaft (STG) versuchte er eine enge Bindung zur NSDAP herzustellen.

Die Hauptversammlung der STG 1933 eröffnete er mit folgenden Worten: „Nachdem eine Reformation des am 18. Januar 1871 gegründeten Deutschen Reiches an Haupt und Gliedern seit dem 30. Januar 1933 in einem Ausmaße stattfand, wie sie Außenstehende für unmöglich gehalten haben, und nachdem sich auch die Schiffbautechnische Gesellschaft auf den Boden des nationalsozialistischen Staates gestellt hat, ist dies unsere 34. Hauptversammlung die erste im neuen Dritten Reich. […] Auf der 32. Hauptversammlung [1931] habe ich zum Schluß meiner Rede folgendes ausgeführt: ‚Deutschlands Hoffnung, Deutschlands Glaube an eine bessere Zukunft, Deutschlands Zuversicht und Deutschlands Engelsgeduld, tausendfach bewiesen, hängen zur Zeit an einem seidenen Faden. Gebe der alte Gott […], daß dieser Faden bald zu einer starken eisernen Kette wird, an der wir unseren Glauben an Deutschlands Zukunft verankern; […].‘ Dieser Wunsch ist uns durch unseren Führer und Reichskanzler Adolf Hitler erfüllt worden[…]. Es wird wohl niemand bestreiten können, daß wir deutsche Schiff- und Schiffsmaschinenbaumeister seit mehr denn 60 Jahren nationalgesinnte Männer waren, treu zu Kaiser und Reich standen und in der Nachrevolutionszeit den Gedanken an ein einiges deutsches Vaterland stets in unseren Herzen bewahrten. Um so mehr sind wir also heute verpflichtet, die durch unseren Führer wieder herbeigeführte deutsche Einigkeit mit allen uns zur Verfügung stehenden Mittel zu schützen und zu vertiefen“ (1).

Zudem hat er ein Telegramm an Hitler verfasst, in dem er ihm als „Führer Deutschlands treue Gefolgschaft auf dem Wege zu neuer Größe des Vaterlandes, die auch für die schwer ringende Schiffahrt und Schiffbautechnik Arbeit schaffen wird“ verspricht (2).

Bei der Eröffnungsrede der STG-Jahresversammlung 1939 betonte Schütte: „Wir leben gegenwärtig in einer geschichtlichen Zeitenwende von allergrößtem Ausmaße, in einer Epoche, die eine Neuordnung Europas im Sinne unseres Führers zum Ziele hat. Wir werden den uns in unverantwortlicher Weise aufgezwungenen Abwehrkampf siegreich beenden, weil wir es so wollen und müssen. Und wie der unbeugsame Wille unseres Führers unseren Truppen in Polen als ein siegbringendes Fanal voranschwebte und sie zu Heldentaten entflammte […], so wird uns der gleiche Wille auch den Endsieg bringen.“ (3)

Bei einer Gedenkfeier nach seinem Tod 1940 wurde Schütte u.a. für seinen Beitrag zur Entwicklung der militärischen Luftfahrttechnik und für seine permanente ideelle und materielle Unterstützung der NSDAP gewürdigt.

In einem Bericht des Mannheimer Morgen vom 8. Dezember 2023 werden weitere Argumente genannt, die für eine Umbenennung der Johann-Schütte-Straße sprechen.

 

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Quellenauswahl:
Salewski: Ein Luftschiffpionier aus Nordwestdeutschland
Salewski / Saul: Der Luftfahrtpionier Johann Heinrich Schütte
Seggern: Höhenflug eines großen Geistes

Zitatnachweise:
1: Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft 35, S. 39
2: Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft 35, S. 41
3: Seggern: „Höhenflug eines großen Geistes“, S. 30