Keine Ehrung für Johann Schütte und sein Luftschiff

Der Gemeinderat möge beschließen:  Die Stadt untersagt dem Verein Kurpfälzer Meile der Innovationen e.V., vor dem Mannheimer Schloss auf öffentlichem Grund eine Ehrentafel für Johann Schütte und das Luftschiff von Schütte-Lanz anzubringen. Eine Ehrung von Johann Schütte und seinem Lebenswerk wird im öffentlichen Raum unterbunden.

 

Begründung:

Johann Heinrich Schütte war, wie neuere Studien belegen, ein „begeisterter Mitläufer“ des NS-Regimes. Er stieg während des Ersten Weltkriegs auf zu einem der größten Hersteller für militärische Luftschiffe und stellte in seiner Fabrik hunderte Aufklärungs- und Kampfflugzeuge sowie Fernbomber her. Seine Luftschiffe dienten ausschließlich militärischen Zwecken.

Er bekundete öffentlich seine Sympathie und Nähe zum Nationalsozialismus, u.a. durch Reden oder seine Mitgliedschaften beim nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB), beim Deutschen Luftsportverband (DLV), beim Reichsluftschutzbund (RLB) und beim Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK). Als leitender Akteur bzw. Vorsitzender der Schiffbautechnischen Gesellschaft (STG) versuchte er eine enge Bindung zur NSDAP herzustellen.

Die Hauptversammlung der STG 1933 eröffnete er mit folgenden Worten: „Nachdem eine Reformation des am 18. Januar 1871 gegründeten Deutschen Reiches an Haupt und Gliedern seit dem 30. Januar 1933 in einem Ausmaße stattfand, wie sie Außenstehende für unmöglich gehalten haben, und nachdem sich auch die Schiffbautechnische Gesellschaft auf den Boden des nationalsozialistischen Staates gestellt hat, ist dies unsere 34. Hauptversammlung die erste im neuen Dritten Reich. […] Auf der 32. Hauptversammlung [1931] habe ich zum Schluß meiner Rede folgendes ausgeführt: ‚Deutschlands Hoffnung, Deutschlands Glaube an eine bessere Zukunft, Deutschlands Zuversicht und Deutschlands Engelsgeduld, tausendfach bewiesen, hängen zur Zeit an einem seidenen Faden. Gebe der alte Gott […], daß dieser Faden bald zu einer starken eisernen Kette wird, an der wir unseren Glauben an Deutschlands Zukunft verankern; […].‘ Dieser Wunsch ist uns durch unseren Führer und Reichskanzler Adolf Hitler erfüllt worden[…]. Es wird wohl niemand bestreiten können, daß wir deutsche Schiff- und Schiffsmaschinenbaumeister seit mehr denn 60 Jahren nationalgesinnte Männer waren, treu zu Kaiser und Reich standen und in der Nachrevolutionszeit den Gedanken an ein einiges deutsches Vaterland stets in unseren Herzen bewahrten. Um so mehr sind wir also heute verpflichtet, die durch unseren Führer wieder herbeigeführte deutsche Einigkeit mit allen uns zur Verfügung stehenden Mittel zu schützen und zu vertiefen“ (1).

Zudem hat er ein Telegramm an Hitler verfasst, in dem er ihm als „Führer Deutschlands treue Gefolgschaft auf dem Wege zu neuer Größe des Vaterlandes, die auch für die schwer ringende Schiffahrt und Schiffbautechnik Arbeit schaffen wird“ verspricht (2).

Bei der Eröffnungsrede der STG-Jahresversammlung 1939 betonte Schütte: „Wir leben gegenwärtig in einer geschichtlichen Zeitenwende von allergrößtem Ausmaße, in einer Epoche, die eine Neuordnung Europas im Sinne unseres Führers zum Ziele hat. Wir werden den uns in unverantwortlicher Weise aufgezwungenen Abwehrkampf siegreich beenden, weil wir es so wollen und müssen. Und wie der unbeugsame Wille unseres Führers unseren Truppen in Polen als ein siegbringendes Fanal voranschwebte und sie zu Heldentaten entflammte […], so wird uns der gleiche Wille auch den Endsieg bringen.“ (3)

Bei einer Gedenkfeier nach seinem Tod 1940 wurde Schütte u.a. für seinen Beitrag zur Entwicklung der militärischen Luftfahrttechnik und für seine permanente ideelle und materielle Unterstützung der NSDAP gewürdigt.

In Mannheim wurde die Umbenennung von Straßen beschlossen, die die Namen von historisch belasteten Personen tragen, u.a. aufgrund von Aktivitäten im deutschen Kolonialismus oder Nationalsozialismus. Es wäre daher mehr als unglaubwürdig das technische Lebenswerk einer ebenso historisch belasteten Persönlichkeit zu ehren, zumal das Werk von Schütte – das militärisch genutzte Luftschiff – nicht isoliert von seiner Gesinnung und Biografie betrachtet werden kann. Der Verein Kurpfälzer Meile der Innovationen erklärt sogar, dass dort nicht nur die Innovationen, sondern auch deren Innovatoren dargestellt werden, wodurch Schütte eine weitere Öffentlichkeit erfährt. Auch eine Ehrung von Kriegstechnik im öffentlichen Raum der Stadt Mannheim ist abzulehnen.

 

Quellenauswahl:

Salewski: Ein Luftschiffpionier aus Nordwestdeutschland
Salewski / Saul: Der Luftfahrtpionier Johann Heinrich Schütte
Seggern: Höhenflug eines großen Geistes

Zitatnachweise:
1: Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft 35, S. 39
2: Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft 35, S. 41
3: Seggern: „Höhenflug eines großen Geistes“, S. 30