Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche sowie mehr Hebammen-Stellen im Sozialraum V

Der Gemeinderat möge beschließen:

  1. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, mit dem eine gute gesundheitsrelevante Versorgungsstruktur für Kinder und Jugendliche in den Stadtteilen des Sozialraumtypus V gewährleistet werden kann.
  2. Um eine ausreichenden Familienbetreuung nach der Geburt eines Kindes durch Hebammen und Kinderkrankenschwestern in allen Stadtteilen des Sozialraumtypus V abzusichern, werden weitere Planstellen für diese eingerichtet.
  3. Es werden unterstützende Maßnahmen zur zeitnahen Schaffung einer kinderärztlichen „Zweigpraxis“ im Stadtteil Hochstätt ergriffen.

 

Begründung:

Der „Bericht zur Gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen in Mannheim“ (V580/2019) zeigt, dass in den Stadtteilen des Sozialraums V große Defizite bestehen. Besonders der Stadtteil Hochstätt weist seit Jahren eine unzureichende medizinische Versorgungslage aus – vor allem für die dort lebenden Kinder und Jugendlichen.

In diesem Bericht steht im Vordergrund die sozialraumorientierte Auswertung gesundheitsbezogener Merkmale von Kindern und Jugendlichen. Zur Erstellung der Sozialraumtypologie wurden einzelne Stadtteile mit ähnlichen sozialstrukturellen Merkmalen zu Sozialräumen zusammengefasst. Sozialraumtyp V umfasst die sozialstrukturell auffälligsten Stadtteile Schönau, Waldhof, Luzenberg, Neckarstadt-West und Hochstätt. Der Bericht benennt dringliche Handlungsbedarfe in diesen Stadtteilen mit ausgeprägten sozialen Problemlagen.

Das trifft in besonderem Maße auf den Stadtteil Hochstätt zu: 26,1 % der 3.179 Einwohner*innen sind jünger als 18 Jahre (Mannheim insgesamt 15 %); 27 % sind Alleinerziehenden-Haushalte (Mannheim 20,3 %); Belegungsdichte der Wohnungen bei 2,8 Personen (Mannheim = 1,9); Kaufkraft pro Person / Haushalt 14.866 € / 35.694 € (Mannheim: 23.673 € / 40.197 €). Zahlen aus dem Statistikatlas von 2019.

Die Versorgung mit Kinderärzten zählt zur medizinischen Grundversorgung. Kurze Wege sind wichtig für die Nutzenden. Die Kinderärztliche Versorgung ist in Mannheim mit 35 Sitzen für Kinder- und Jugendmedizin laut Bedarfsplanung der KVBW abgedeckt (Stand 31.12.2015). Derzeit stehen 21 Praxen für Kinder- und Jugendmedizin zur Verfügung – jedoch ist die Verteilung über die Stadt sehr unausgewogen. Außer im Stadtteil Waldhof existiert im gesamten Sozialraum V keine Kinderarztpraxis. Praxen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie sowie Versorgungsangebote für Ergo-, Sprach- oder Physiotherapie fehlen im gesamten Sozialraum V.

Im Stadtteil Hochstätt verschärft die besonders problematische Sozialstruktur diese Mängel erheblich. Studien aus der Versorgungsforschung belegen einen unmittelbaren Zusammenhang: Die Inanspruchnahme – z.B. von Vorsorgeuntersuchungen und Impfterminen – erfolgt in Abwägung mit dem erforderlichen Aufwand und den damit entstehenden Kosten (z.B. für ÖPNV-Fahrkarten). Für alle Bewohner*innen dieses Stadtteils gibt es zur ärztlichen Versorgung nur einen Facharzt für Allgemeinmedizin.

Um diese Situation ansatzweise zu verbessern, sind Überlegungen erforderlich, wie ein vermeintlich unattraktiver Standort für Arztpraxen interessanter wird, etwa durch Minderung des wirtschaftlichen Risikos. Dazu gehören  z.B. günstige Mietkonditionen für die Bereitstellung von Praxisräumen, finanzielle Unterstützung bei der Ausstattung etc.

Zu einem „guten Start ins Leben“ gehört auch die Betreuung durch Hebammen in den ersten Monaten nach der Geburt. In Stadtteilen vom Sozialraumtypus V sind 32,3 % der Familien ohne Hebammenbetreuung nach der Geburt eines Kindes. Die Gesamtzahl der Hebammen, die eine Betreuung der neuen Mütter durchführen, ist für Mannheim insgesamt zu gering. Da Hebammen in ihrer Berufsausübung die räumlichen Bedingungen und sozialen Hintergründe der Familien direkt vor Ort erleben, können sie in erheblichem Maße dazu beitragen, dass der Sprung in das medizinische Gesundheitssystem funktioniert.

Im Rahmen eines weiteren Projektes sind acht Kinderkrankenschwestern (4,5 Vollzeitstellen) – teilweise mit Zusatzausbildung als Familien-, Kinder- und Gesundheits-pflegerinnen – für das gesamte Stadtgebiet Mannheim beim Gesundheitsamt angestellt. Es ist offensichtlich, dass diese Kapazitäten keine ausreichende Betreuung ermöglichen. Die Einrichtung zusätzlicher Stellen ist erforderlich, um wenigstens in zwei bis drei Stadtteilen regelmäßige Beratungen anbieten zu können.