Konzept und Maßnahmen für das Stadttaubenmanagement

Der Gemeinderat möge beschließen:

  1. Die Verwaltung stellt fest, dass eine Eindämmung der Stadttaubenpopulation mit zwei Schlägen im gesamten Stadtgebiet nicht möglich ist
  2. Die Verwaltung erstellt ein Konzept zur weiteren tierschutzgerechten Betreuung und Eindämmung der Stadttaubenpopulation in Mannheim, differenziert nach Stadtteilen
  3. Die Stadt etabliert gemeinsam mit dem Stadttaubenprojekt Rhein-Neckar e.V., ggf. weiteren fachkundigen Akteur*innen und dem Tierschutzverein ein Stadttaubenmanagement, das aus tierschutzgerechten Vergrämungsmaßnahmen, der Ansiedlung in Taubenschlägen, betreuter Fütterung und Eiertausch sowie der tierärztlichen Betreuung gemäß dem Konzept in Punkt 2 besteht
  4. Die Stadt schafft die Voraussetzungen, um auch auf bzw. in privaten Liegenschaften und auf städtischem Gelände tierschutzgerechte Vergrämungsmaßnahmen und Eiertausch durchführen zu können
  5. Die Stadt errichtet gemäß dem definierten Bedarf ausreichend große, gesicherte und gut zugängliche Taubenschläge an geeigneten Orten, die von der Stadt zur Verfügung gestellt werden, bevorzugt auf unversiegelten Freiflächen
  6. Die Stadt sorgt für eine dauerhafte und regelmäßige Betreuung der Taubenschläge und eine betreute Fütterung außerhalb der Schläge durch hauptamtliches Personal und ehrenamtliche Kräfte
  7. Nach frühestens fünf Jahren ab Errichtung neuer Taubenschläge findet eine Evaluation der Maßnahmen statt

 

Begründung:

Die große Menge an Stadttauben sind in Mannheim über die Innenstadt hinaus ein großes Problem. Aufgrund der großen Zahl und der Fehlernährung, die zu „Durchfall“ führt, bedeckt der Taubenkot in inakzeptablem Maße Fassaden, Gehwege und Fahrzeuge. Das Problem ist jedoch auch unter Einbeziehung von Tierschutz-Aspekten lösbar.

Ein Gutachten vom Oktober 2021, im Auftrag der Berliner Landestierschutzbeauftragten Dr. Kathrin Herrmann erstellt, sieht die Kommunen aufgrund der Haus- und Fundtiereigenschaft von Stadttauben auch nach dem Fundrecht im BGB in der Pflicht, die tierschutzrechtlichen Halterpflichten nach § 2 Tierschutzgesetz im Hinblick auf Stadttauben zu erfüllen. Dies gelingt am besten durch die Errichtung betreuter Taubenschläge.1

Das Stadttaubenprojekt Rhein-Neckar e.V. hat im November und Dezember 2021 eine Zählung der Stadttauben in Mannheim durchgeführt und dabei eine Überpopulation in mehreren Stadtteilen festgestellt. Das sind die Ergebnisse, die aufgrund begrenzter Zählkapazitäten in der Realität sogar noch höher ausfallen dürften:

Stadtteil                              Anzahl
Neckarstadt Ost                            852
Almenhof                                           63
Vogelstang                                      281
Schwetzingerstadt                         81
Neckarstadt                                      54
Neckarau                                            91
Feudenheim                                   683
Käfertal                                               99
Oststadt                                              20
Lindenhof                                       117
Innenstadt & Jungbusch      2.150
Friedrichsfeld                                  72
Seckenheim                                  304
Fahrlach                                             43
Gesamtanzahl Mannheim   5.094

Zur Einschätzung des Bedarfs macht das Stadttaubenprojekt dazu folgende Anmerkung: „Wir gehen davon aus, dass maximal 175 Paare bzw. knapp 400 Tiere in einen betreuten Taubenschlag passen.“

Gemäß dem vorliegenden Zählergebnis schätzen wir in folgenden Stadtteilen Taubenschläge als dringend erforderlich ein:

– Neckarstadt Ost              2-3 Taubenschläge
– Vogelstang                       1-2 Taubenschläge
– Feudenheim                    2 Taubenschläge
– Innenstadt / Jungbusch   5-7 Taubenschläge
– Seckenheim                     1-2 Taubenschläge

Dem Stadttaubenprojekt wurden außerdem 204 Notfälle verletzter Stadttauben im Jahr 2021 gemeldet. Die tierärztliche und pflegerische Betreuung müsste ebenfalls neu und umfassender geregelt werden.

Die bisherige Praxis mit den beiden betreuten Taubenschlägen am Neckar in der Nähe der Kurpfalzbrücke ist bei weitem nicht ausreichend. Die Betreuung durch den Tierschutzverein überfordert das ehrenamtliche Engagement. Erstens benötigt die Stadt deutlich mehr Taubenschläge und zweitens muss die Betreuung breiter aufgestellt werden. Dazu bedarf es auch hauptamtlichem Personaleinsatz.

Der genaue Personalbedarf hängt von der Anzahl und Größe der Taubenschläge ab. Der Aufwand an Futterversorgung, Eiertausch und Reinigung darf dabei nicht unterschätzt werden. Denkbar wäre eine Einbeziehung des Eigenbetriebs Stadtraumservice. Möglicherweise sind die benötigten Personalkapazitäten in andere Aufgabenfelder integrierbar.

In Ludwigshafen wird ein Taubenschlag durch einen hauptamtlichen Feuerwehrmann betreut. In Rottweil wird die Betreuung der drei Taubenschläge auf Minijobbasis durch den örtlichen Stadttauben-Verein vorgenommen. Die Kosten trägt die Stadt. Der erste Taubenschlag wurde 2017 aufgestellt, inzwischen ist die Innenstadt nahezu taubenfrei.

Unser tierschutzpolitischer Sprecher Andreas Parmentier (Tierschutzpartei) schlägt vor, als erste Maßnahme zur genaueren Klärung der Bedarfe und Kapazitäten einen Runden Tisch mit der Verwaltung, der Tierschutzbeauftragten, dem Tierschutzverein, dem Stadttaubenprojekt und auf Wunsch auch Vertreter*innen der Fraktionen einzuberufen.

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1) Quelle: https://www.berlin.de/lb/tierschutz/stellungnahmen/rechtsgutachten_stadttaubenschutz_rechtlicherstatus_kommunale-pflichten-und-zustaendigkeiten-2.pdf